Illustrierte Montage für Industrie 4.0: von CIO Sven Friedli vor Computern, aus denen Förderbänder mit Produkten fahren

«Industrie 4.0 ist ein Ziel – der Weg ist noch lang»

Sven Friedli ist seit 2020 CIO der Bell Food Group. Er zählt laut Fachmagazinen wie Computerworld zu den Top-CIO der Schweiz. Im Gespräch zeigt er sich immer noch begeistert über den Nutzen der IT in der Lebensmittelproduktion und das Potenzial von Industrie 4.0.

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Sven Friedli, könnte die Bell Food Group auf die IT als Zutat verzichten?

Sven Friedli (schmunzelt): Auf keinen Fall! Denn die IT ist der zentrale Bestandteil unserer täglichen Abläufe. Ohne IT wird keine Salami produziert und kein Salat ausgeliefert. Die Stabilität und Produktivität der IT ist dabei der absolute Schlüsselfaktor.

Dann ist die Industrie 4.0 sicher ein wichtiges Ziel!

Wir haben eine umfassende Strategie, ja. Aber der Weg zur Industrie 4.0 ist noch lang. In einigen Bereichen sind wir schon sehr weit und nutzen z.B. Data Science für eine automatische Produkterkennung; in anderen sind wir immer noch daran Papieraufträge mit Tabletts und Automatisierungselementen zu ersetzen. Es ist sehr spannend in einem Unternehmen mit einer Vielzahl von Produkten, unterschiedlichen Produktionsprozessen und Logistik- und Vertriebsstrukturen zu arbeiten. Unser tägliches Ziel ist, unsere Mitarbeitenden zu unterstützen, damit wir effizienter und in besserer Qualität produzieren können.

Welche Verbesserungen erzielen Sie mit Industrie 4.0 für sich selbst und welche für Konsumentinnen und Konsumenten?

Die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit und Prozessautomatisierungen ermöglichen hochwertige und sichere Lebensmittel und stärken die Innovationskraft der Bell Food Group. Konsumentinnen und Konsumenten möchten jederzeit wissen, woher die Zutaten stammen und können sich einer hohen Rohstoffqualität sicher sein.

Über Sven Friedli
Der Informatiker und Betriebswirtschafter Sven Friedli ist seit 2020 CIO der Bell Food Group. Zuvor war er 12 Jahre in verschiedenen Positionen bei der Swisscom tätig. Er leitet bei der Bell Food Group in seinem Bereich 250 Mitarbeitende. Mit insgesamt über 12’800 Mitarbeitenden in 15 Ländern über ganz Europa verteilt, setzt sich die Bell Food Group jeden Tag für hochwertige Qualitätsprodukte ein. 

Wie nahe operieren Sie mit der IT am Business?

(lacht) Kommt wohl darauf an, wen Sie fragen. Bestimmt erfüllen wir noch nicht alle hohen Erwartungen und müssen teilweise auch Systemausfälle kommunizieren. Doch ich bin mehr als 50 Prozent meiner Zeit in der Gruppe unterwegs, bei den Menschen, die die Produkte herstellen und stehe im Dialog mit ihnen. Die einzige Daseinsberechtigung der IT ist nämlich die Unterstützung des Business. Wir müssen verstehen, was ihre Bedürfnisse sind und wie wir sie im Alltag unterstützen können.

Wie sicher ist Ihre IT-Infrastruktur?

So sicher wie sie nur sein kann. Ich möchte keine erfolgreiche Attacke erleben müssen, denn ein Ausfall kostet nebst verdorbenen Lebensmitteln schlicht und einfach jede Minute Umsatz. Der Schutz vor Cyber-Security-Risiken und die Hochverfügbarkeit unserer Systeme ist absolut zentral.

Welche Schwächen haben Informations-technologien heute?

Man braucht in unserem Umfeld oft den Doktortitel, um sie zu verstehen und bedienen zu können. Im Ernst, ich vermisse etwas die Einfachheit. Zudem wird eine Technologie oft schon weiterentwickelt, obwohl realistische Anwendungsfälle noch fehlen. Es braucht Zeit, bis neue Technologien reifen, um einen zuverlässigen Nutzen zu erzielen. Jede Person, die schon mal eine neue Systemeinführung gemacht hat, kennt dies. Es ist wie bei einem hochwertigen Iberico Schinken: Auch dieser muss reifen, bis er schmeckt. Bei neuen Technologien dauert das hoffentlich nicht 36 Monate wie bei unserem Premium-Schinken.

Blick in die Fabrikation von Wurstwaren

Hier geht es um die Wurst: Ob bei klassischen Cervelats oder in veganen Produkten, ohne Daten geht auch bei der Bell Food Group nichts mehr (Bild zVg).

Welche Stärken haben sie?

Sie erlauben uns, Prozesse neu zu orchestrieren, mit Daten mehr Transparenz zu schaffen und die Kosten bzw. die Margen im Griff zu behalten.

Welches Problem löst Ihnen Ihr Technologie-partner Cisco?

Cisco stellt ein zukunftsfähiges, sicheres und intelligentes Netzwerk für alle unsere gut 60 Standorte in Europa bereit. Es reduziert die Komplexität und hilft uns bei der Konzentration auf andere wichtige Ausbauschritte in Richtung Industrie 4.0. Es ist wichtig, einen verlässlichen Partner zu haben, welcher unsere Bedürfnisse kennt und uns in dieser schnelllebigen Welt der Digitalisierung unterstützt.

Ein Ausblick in Ihre Zukunft: Was ist Ihr nächstes, grosses IT-Projekt? Und wie wirkt es auf der Business-Seite?

Derzeit sind verschiedene grosse ERP-Einführungen im Fokus; sie sind sehr herausforderungsreich, weil die Produktion ja weiterlaufen muss. Zudem erweitern wir am Standort Oensingen unsere Infrastruktur: mit drei neuen Betrieben für Tiefkkühllogistik, Slicing und Verpackung/Kommissionierung sowie dem europaweit modernsten Rinderschlachthof. Bis 2026 sollen 350 Stellen neu geschaffen werden. Das Projekt ist spannend, weil wir die ICT-Plattform quasi auf der grünen Wiese erschaffen können. In diesem Projekt wird der neue Industrialisierungsstandard für die Bell Food Group gesetzt.

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