«Es braucht immer noch den Menschen»

Stefan Willi kümmert sich als Leiter Informatikdienste um aktuelle und zukünftige Informationstechnologien. Was das für die WWZ in den Unternehmensbereichen Strom, Gas, Wasser, Wärme oder Telekom bedeutet, darüber spricht er mit uns im Interview. Und sagt, wo er die Stärken sieht und wo für ihn das grösste Potenzial steckt. 

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Die WWZ (ehemals Wasserwerke Zug) haben seit der Gründung als Wasserversorger für die Stadt Zug im Jahr 1878 schon mehrere Transformationen hinter sich. So kam bereits knapp 10 Jahre nach der Gründung die Versorgung der Stadt Zug mit Elektrizität hinzu. Ein massgeblicher Treiber der Unternehmensentwicklung war der Einstieg in die TV-Kommunikation. Was im Jahr 1979 mit dem Netzbau für Kabel-TV begonnen hatte, ist heute als Partnerin der eigenständigen Marke «Quickline» eine führende Telekommunikationsanbieterin der Schweiz. Daneben ist die private Unternehmensgruppe ein bedeutendes Schweizer Energie– und Mobilitätsunternehmen. Mit der Energiewende stellen sich für die Versorgung und den Stromnetzbetrieb grundlegende Weichen. Stefan Willi, CTO IT bei der WWZ, verantwortet diese digitale Transformation auf technischer Seite. Er sagt im Interview, wo sein Unternehmen heute steht und wohin es sich entwickeln wird.

Herr Willi, wird Strom irgendwann im Überschuss kostenlos zur Verfügung stehen?

Stefan Willi (grübelt): Schwierige Frage. Nichts ist kostenlos im Leben. Der Normalverbraucher versteht darunter, dass Stromkosten null Franken betragen würden. Ich denke, dazu wird es nicht kommen. Womöglich wird eines Tages überschüssig Energie vorhanden sein, das kann unter Umständen sein. Aber auch in diesem Fall vermute ich, dass nichts kostenlos sein wird. Kostenloses Laden eines Elektroautos auf den Parkplätzen der Grossisten hat einen Wert – günstige Werbung, Attraktivität schaffen, Anreize schaffen – auf Deutsch: Kundschaft anwerben. Da steckt in den meisten Fällen ein knallharter Business-Case dahinter.

Wie nahe operieren Sie mit der IT am Business?

Immer zu wenig nah. Wir haben seit einem Jahr eine neue Kultur eingeführt, wobei wir die IT als Dienstleistungs- und Technologiepartner positioniert haben. Viele Projekte sind zu Beginn durch die IT geführt worden, weil das Business zu wenig Kenntnisse über die Möglichkeiten der Technologie verfügte.

Mittlerweile haben wir das Business mehr in die Pflicht genommen – das Business soll wieder übernehmen, was seine eigentliche Aufgabe ist: den Mehrwert für Kunden zu schaffen. Wir verstehen uns heute als «Enabler» und Dienstleister und präsentieren dem Business in regelmässigen Abständen neue Technologien, die zur Nutzung bereitstehen.

Welche Schwächen haben Informationstechnologien heute?

Eine grosse Schwäche ist ihre Verfügbarkeit. Denn eine hohe Verfügbarkeit erhöht automatisch die Komplexität. Auch hier spielt das Business wieder eine wichtige Rolle, es muss festlegen, wie verfügbar Systeme sein müssen. Die Anforderungen bestimmen den Preis!

Eine weitere Schwäche ist ein anderes Thema: der Umgang mit dem Datenschutz. Es gibt verschiedene digitale Ökosysteme in Europa, welche relativ gut reguliert sind. Sobald wir uns aber in den USA bewegen, befinden wir uns in einem eher rechtsfreien Raum in Bezug auf den Datenschutz. Laut dem EDÖB, dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten, sind die USA kein vertrauenswürdiges Land. Für unsere Einstufung hat sie kein angemessenes Datenschutzniveau.

Grundsätzlich kommen die meisten wirklich innovativen Plattformen aus den USA, die wir aber nicht alle nutzen können, da wir Daten nur bedingt in die dort ansässigen Clouds verlagern dürfen. Darum ist es für ein Business sinnvoll, seine Kapazitäten in Europa zu buchen, hier sind sie gut geschützt. Auch Anbieter aus Europa bieten immer mehr innovative Plattformen an.

Wie unterstützt ein smartes Energiesystem die Energiewende? In der aktuellen «Kochkunde» diskutiert Stefan Willi diese Frage auf Einladung von Christoph Koch, CTO von Cisco Schweiz.

Welche Stärken haben die Informationstechnologien?

Informationstechnologien sind extrem leistungsfähig. Mit ihnen können wir Datenvolumen verarbeiten, auswerten und aufbereiten, die wir sonst nicht bewältigen könnten. In gewissen Bereichen werden Messungen im Minutentakt, in anderen im 15-Minuten-Takt gemacht. Multipliziert mit den zehntausenden von Messstellen ergeben sich daraus ansehnliche Datenvolumen.

Weiter gibt es auch Systeme im Bereich der Telekom, die jede Sekunde Daten messen. All diese Daten könnten wir heute ohne hochwertige Informationstechnologien nicht auswerten. Aber ich muss sagen, es braucht dazu immer noch den Menschen. Das wird oft vergessen.

Welche Probleme lösen Ihnen Ihre Technologiepartner?

Wir haben mehrere Technologiepartner in den verschiedensten Bereichen. Generell haben wir zwei Richtungen. In der einen, der strategischen Richtung, geht es zum Beispiel um Technologiescouting. Das ist eine sehr intensive Geschichte, um frühzeitig neue Technologien zu entdecken und auf den Zug aufzuspringen. Warum? Die Halbwertszeit von Technologien vermindert sich alle vier bis fünf Jahre massiv und die Anzahl neuer Technologien verdoppeln sich auf der anderen Seite. Mit Cisco haben wir dafür genau den richtigen Partner.

Die zweite Richtung behandelt den operativen Bereich: Netcloud ist unser Partner für die Realisierung von Projekten. Von Beschaffung bis Unterstützung bei Design, Architektur und Operation. Wir decken vor allem diese beiden Bereiche mit Technologiepartnern ab.

Wählen Sie eine Technologie Ihres Partners aus und beschreiben Sie, was Sie spannend daran finden!

Dann wähle ich die DNA (Anmerkung der Red.: Digital Network Architecture)-Services, welche wir zusammen mit Cisco und Netcloud aufgebaut haben. Diese ermöglichen uns, sehr dynamisch Sicherheitskonzepte in Netzwerken zu realisieren.

Einfach gesagt ist das so: Ein PC hat auch eine DNA. Sobald ein Gerät an ein Netzwerk angeschlossen wird, klärt das Netzwerk ab, ob das Gerät überhaupt dieser Firma zugehörig ist und an das Netzwerk angeschlossen werden darf. Dies geschieht anhand eines Zertifikats. Wenn das jeweilige Gerät bestätigt ist, kann sich der Benutzer das erste Mal mit seinem Login und Passwort anmelden und erhält sein persönliches Zertifikat – seine DNA.

Bei jedem erneuten Anmelden erkennt das Netzwerk durch DNA, wer die Person ist und welche Rechte sie im Netzwerk hat. Das Ganze ist sehr dynamisch geworden und hat ein riesiges Potenzial. Wir haben die DNA-Services bereits flächendeckend bei uns eingeführt.

Über Stefan Willi, CTO IT bei WWZ
Stefan Willi ist seit 2017 CTO IT bei der WWZ Energie AG. In seiner Informatikabteilung leitet er 29 Mitarbeitende in drei Teams. Diese sind für verschiedene Fachgebiete zuständig. Die WWZ ist ein Querverbundsunternehmen mit den Bereichen Strom, Gas, Wasser, Wärme und Telekom. Mit insgesamt über 470 Mitarbeitenden versorgt das Unternehmen die Bevölkerung und Wirtschaft im Kanton Zug und in Gebieten umliegender Kantone mit den entsprechenden Dienstleistungen und gehört zu den grössten Kabelnetzunternehmen der Schweiz.

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